
Ernährung & Psyche: Können Lebensmittel unsere Stimmung beeinflussen?

Wie wir uns fühlen, hängt von vielen Faktoren ab – Stress, Schlaf, Bewegung und soziale Beziehungen spielen eine große Rolle. Doch zunehmend rückt auch ein anderer Einflussfaktor in den Fokus: die Ernährung. Inzwischen gilt als gut belegt, dass bestimmte Nährstoffe, Essgewohnheiten und sogar unser Darmmikrobiom Auswirkungen auf das psychische Wohlbefinden haben können. In diesem Beitrag erfahren Sie, welchen Einfluss Ernährung auf die Stimmung haben kann, welche Nährstoffe relevant sind – und worauf Sie im Alltag achten können.
Was die Forschung zeigt
Unser Gehirn ist auf eine kontinuierliche Versorgung mit bestimmten Mikronährstoffen angewiesen.Ein Mangel an Vitaminen, Mineralstoffen oder essenziellen Fettsäuren kann die Funktion von Nervenzellen und Botenstoffen wie Serotonin, Dopamin oder GABA beeinträchtigen – allesamt zentrale Akteure für unser emotionales Gleichgewicht.
So zeigen sich beispielsweise Zusammenhänge bei folgenden Nährstoffen:
- Omega-3-Fettsäuren sind für die Gehirnfunktion essenziell. Sie fördern die Bildung von entzündungshemmenden Signalstoffen und wirken sich positiv auf depressive Symptome aus, insbesondere die EPA-reiche Form. Natürliche Quellen sind fettreiche Seefische wie Lachs, Makrele, Hering und Sardinen. Pflanzliche Alternativen wie Leinsamen, Chiasamen und Walnüsse liefern Alpha-Linolensäure (ALA), deren Umwandlung ins aktive EPA jedoch begrenzt ist. [2]
- Vitamin D spielt eine Rolle bei der Regulation von Entzündungsprozessen und Neurotransmittern. Niedrige Vitamin-D-Spiegel sind mit einem erhöhten Depressionsrisiko assoziiert. Der Großteil wird über UVB-Licht in der Haut gebildet; kleinere Mengen stecken in fettem Fisch, Eigelb und Pilzen. Besonders in den Wintermonaten oder bei mangelnder Sonnenexposition kann eine ärztlich begleitete Supplementierung sinnvoll sein. [4]
- B-Vitamine, insbesondere B6, B12 und Folat, sind unerlässlich für den Neurotransmitter-Stoffwechsel. Ein Mangel kann mit Reizbarkeit, Müdigkeit oder depressiven Verstimmungen einhergehen. B6 findet sich in Bananen, Avocados, Geflügel und Vollkornprodukten; B12 fast ausschließlich in tierischen Lebensmitteln wie Fleisch, Fisch, Eiern und Milchprodukten. Folat ist besonders reichlich in grünem Blattgemüse, Hülsenfrüchten und Vollkorn enthalten. Menschen mit vegetarischer oder veganer Ernährung sollten insbesondere auf B12 achten. [6]
- Magnesium, Eisen und Zink unterstützen das Stressregulationssystem (HPA-Achse) sowie die Energieproduktion. Magnesium ist reichlich in Nüssen, Kernen, Hülsenfrüchten, grünem Gemüse und Vollkorngetreide enthalten. Eisen findet sich in Fleisch, aber auch in pflanzlichen Quellen wie Linsen, Hirse oder Spinat – am besten kombiniert mit Vitamin-C-reichem Gemüse zur besseren Aufnahme. Zink steckt unter anderem in Kürbiskernen, Haferflocken, Hülsenfrüchten und Käse. [5]
Eine unausgewogene Ernährung, z. B. stark verarbeitet oder einseitig zusammengesetzt, kann auf Dauer zu Mangelzuständen führen, die sich auf das emotionale Gleichgewicht auswirken. Nahrungsergänzungsmittel sollten dennoch nicht ohne medizinische Indikation eingenommen werden – eine gezielte ärztliche Diagnostik ist der erste Schritt, um eventuelle Defizite zu erkennen und individuell zu behandeln.

Darm-Hirn-Achse: Wie der Bauch die Stimmung beeinflusst
Ein weiterer, zunehmend beachteter Zusammenhang besteht zwischen Darmgesundheit und psychischer Verfassung. Die sogenannte „Darm-Hirn-Achse“ bezeichnet die bidirektionale Kommunikation zwischen unserem Magen-Darm-Trakt und dem zentralen Nervensystem. Eine Schlüsselrolle spielen dabei die Billionen von Mikroorganismen, die unseren Darm besiedeln – das sogenannte Mikrobiom.
Studien zeigen, dass eine gestörte Darmflora (z. B. durch unausgewogene Ernährung, chronischen Stress oder Antibiotika) mit einem erhöhten Risiko für Depressionen und Angststörungen einhergehen kann. [1] Umgekehrt deuten erste Studien darauf hin, dass der gezielte Einsatz von sogenannten Psychobiotika – also probiotischen Bakterienstämmen mit nachgewiesenem Einfluss auf das emotionale Befinden – stimmungsaufhellend wirken kann.
Ballaststoffreiche, pflanzenbasierte Kost mit fermentierten Lebensmitteln (wie Joghurt, Kefir oder Sauerkraut) scheint das Gleichgewicht der Darmflora positiv zu beeinflussen und könnte damit auch das emotionale Gleichgewicht unterstützen.
Ernährungsempfehlungen für den Alltag
Auch wenn Ernährung allein keine psychischen Erkrankungen heilen kann, zeigen Studien deutlich, dass sie einen relevanten Beitrag zur Prävention und begleitenden Behandlung leisten kann. Die genannten Nährstoffe – wie Omega-3-Fettsäuren, B-Vitamine, Vitamin D, Magnesium oder Zink – lassen sich in der Regel über eine ausgewogene Ernährung gut aufnehmen. Wer sich bewusst und vielseitig ernährt, schafft damit eine wichtige Grundlage für körperliches und seelisches Wohlbefinden.
Daneben können auch andere kleine Veränderungen im Alltag das allgemeine Wohlbefinden steigern:
- Vollwertkost bevorzugen: Gemüse, Obst, Hülsenfrüchte, Nüsse, Vollkornprodukte und hochwertige Öle liefern essenzielle Mikronährstoffe.
- Zucker und stark verarbeitete Lebensmittel reduzieren: Eine „Western Diet“ mit viel Zucker, Transfetten und Zusatzstoffen wird mit einem erhöhten Risiko für depressive Symptome assoziiert. [3]
- Blutzuckerschwankungen meiden – diese können sich auf die Stimmung auswirken.
- Wasser nicht vergessen: Dehydration kann ebenfalls Müdigkeit und Reizbarkeit fördern.
- Auf das Bauchgefühl achten: Individuelle Unverträglichkeiten (z. B. Laktose, Fructose) können die Darmgesundheit und damit auch das Befinden beeinflussen.
Die Forschung zur Verbindung zwischen Ernährung und Psyche steht noch am Anfang – aber sie zeigt klare Zusammenhänge. Eine nährstoffreiche, darmfreundliche Ernährung kann das seelische Gleichgewicht unterstützen, vorbeugend wirken und therapeutische Prozesse begleiten. Wer sich häufig erschöpft, reizbar oder niedergeschlagen fühlt, sollte daher auch auf seine Ernährung achten – und bei Bedarf ärztlich oder ernährungsmedizinisch beraten lassen.
Literatur
- Dinan, T. G., & Cryan, J. F. (2017). The microbiome-gut-brain axis in health and disease. Gastroenterology Clinics, 46(1), 77–89. https://doi.org/10.1016/j.gtc.2016.09.007
- Grosso, G., Galvano, F., & Marventano, S.(2014). Omega-3 fatty acids and depression: scientific evidence and biological mechanisms. Oxidative Medicine and Cellular Longevity, 2014, 313570. https://doi.org/10.1155/2014/313570
- Jacka, F. N., Pasco, J. A., & Mykletun, A. (2010). Association of Western and traditional diets with depression and anxiety in women. American Journal of Psychiatry, 167(3), 305–311. https://doi.org/10.1176/appi.ajp.2009.09060881
- Li, G., Mbuagbaw, L., Samaan, Z., Falavigna, M., Zhang, S., Adachi, J. D., Cheng, J., Papaioannou, A., & Thabane, L. (2014). Efficacy of vitamin D supplementation in depression in adults: A systematic review. The Journal of Clinical Endocrinology & Metabolism, 99(3), 757–767. https://doi.org/10.1210/jc.2013-3450
- Reid, B. M., & Georgieff, M. K. (2023). The interaction between psychological stress and iron status on early-life neurodevelopmental outcomes. Nutrients, 15(17), 3798. https://doi.org/10.3390/nu15173798
- Sangle, P., Sandhu, O., Aftab, Z., Anthony, A. T., & Khan, S. (2020). Vitamin B12 supplementation: Preventing onset and improving prognosis of depression. Cureus, 12(10), e11169. https://doi.org/10.7759/cureus.11169
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